Trans und Cis

Das Thema „trans“ ist derzeit in unserer Gesellschaft sehr präsent und – egal wie man dazu steht – sehr emotional aufgeladen.
Bei trans Personen handelt es sich um Personen, deren Geschlechtsempfinden sich von den körperlichen Merkmalen unterscheiden. Trans Frauen haben (körperlich) männliche Geschlechtsmerkmale, empfinden sich selber jedoch durch und durch als weiblich. Trans Männer haben (körperlich) weibliche Geschlechtsmerkmale, empfinden sich selber jedoch durch und durch als männlich.
Um das Phänomen „trans“ zu verstehen, muss man sich erst klar machen, was das →Geschlecht bzw. die →Geschlechtsidentität ist.

Die Geschlechtsidentität ist ein sehr starkes Gefühl, sich selbst als weiblich oder männlich (oder auch keins von beiden) zu betrachten. Es handelt um ein tiefliegendes Gefühl, dass nicht bewusst verändert werden kann. Die meisten Menschen werden sich ihrer Geschlechtsidentität nicht bewusst, weil sie (in der Regel) mit den Körpermerkmalen überein stimmt.
Menschen mit weiblichen Körpermerkmalen haben also in der Regel eine weibliche Geschlechtsidentität, Menschen mit männlichen Körpermerkmalen haben auch eine männliche Geschlechtsidentität. Alles passt zusammen, es gibt keinen Widerspruch. Dass es so etwas wie eine Geschlechtsidentität gibt, stellt man erst fest, wenn sie nicht mit den Körpermerkmalen überein stimmt.
Manche Menschen mit weiblichen Körpermerkmalen haben empfinden sich selbst als eindeutig weiblich, andere mit weiblichen Körpermerkmalen empfinden sich selber als eindeutig männlich. (Diese Menschen bilden die Gruppe der trans Menschen.)

Im Bereich von trans, cis, binär, abinär, genderfluid. inter, usw. muss man zwei Ebenen unterscheiden: die körperliche und die geistige (seelische) Ebene. Also: wie sieht der Mensch aus und wie empfindet er sich?

Die Geschlechtsidentität bzw das von einer Person (an sich selbst) wahrgenommene Geschlecht bzw das von der Person empfundene Geschlecht ändert sich bei Menschen extrem selten. Bei den allermeisten Menschen ändert sich das Geschlechtsempfinden nie, d.h. Menschen, die sich als weiblich empfinden, tun das von Geburt bis zum Tod. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich als männlich empfinden. Das gilt ausdrücklich auch für viele trans und inter Personen. (Ein Kind, das z.B. mit männlichen Geschlechtsorganen zur Welt kommt und damit als Junge zugeordnet wurde, empfindet sich möglicherweise schon seit jeher als Mädchen. In den ersten Lebensjahren kann es das noch nicht artikulieren. Wenn es dann im Alter von einigen Jahren das erstmals ausspricht, wirkt das für Außenstehende wie ein Wechsel, für das Kind jedoch nicht. Das Kind wechselt in diesem Fall die gesellschaftliche Geschlechtsrolle, jedoch nicht das Geschlechtsempfinden. Dieses Kind wird oftmals als „trans Kind“ bezeichnet.)
Zudem ist die Geschlechtsidentität eine sehr tief verwurzelte und elementare Emotion. Diese wird nicht einfach aus einer Laune heraus geändert.
Alles in Allem könnte die Geschlechtsidentität besser zur Festlegung des Geschlechts herangezogen werden, als sämtliche körperlichen Aspekte oder gar die gesellschaftliche Rolle einer Person.


Definitionsangebote:

Was ist trans (oder transgeschlechtlich)?
Trans Menschen sind Menschen, die ein ganz bestimmtes Geschlechtsempfinden haben, aber andere Körpermerkmale. Eine trans Frau (auch Transfrau) ist ein Mensch, der sich eindeutig als weiblich empfindet, auch „ganz normal“ weibliche Denkstrukturen besitzt (was auch immer das im Detail heißen mag), aber Penis und Hodensack besitzt und daher bei der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnet wurde. Ein trans Mann (auch Transmann) ist ein Mensch, der sich eindeutig als männlich empfindet, auch „ganz normal“ männliche Denkstrukturen besitzt (was auch immer das im Detail heißen mag), aber Schamlippen, Klitoris und Vagina besitzt und daher bei der Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeordnet wurde.

Was ist cis?
Cis Menschen sind statistisch weitaus am häufigsten vertreten. Cis Männer empfinden sich als männlich und weisen auch männliche körperliche Geschlechtsmerkmale auf, cis Frauen empfinden sich als weiblich und weisen auch weibliche Geschlechtsmerkmale auf. In den meisten Gesellschaften werden cis Menschen als Regelfall betrachtet und erleben aufgrund ihres Geschlechtsempfinden keine Diskriminierung und keinen Widerstand.

Was ist binär?
Eine binäre Person ist eindeutig männlich oder eindeutig weiblich. Das gilt hauptsächlich für die geistige Ebene, nicht so sehr für die körperliche Ebene. Eine binäre Person empfindet sich also eindeutig als männlich oder eindeutig als weiblich (unabhängig davon, wie es um die körperlichen Geschlechtsmerkmale steht). Sowohl trans Menschen als auch cis Menschen sind daher binär.

Was ist abinär (oder nonbinär oder nichtbinär)?
Eine abinäre Person (auch nonbinäre Person oder auch nicht binäre Person) empfindet sich nicht eindeutig als männlich oder weiblich. Dabei gibt es zwei wesentliche Unterkategorien. Entweder empfinden sie sich zu keinem Zeitpunkt eindeutig männlich oder weiblich, sondern eigentlich immer irgendwo dazwischen oder aber das Empfinden wechselt in zeitlichen Abständen, d.h. die Person hat mal männliches, danach wieder weibliches Geschlechtsempfinden (Letzteres nennt man „genderfluid“).

Der Begriff „drittes Geschlecht“ ist eine umgangssprachliche Zusammenfassung für alle Zwischenstufen zwischen dem, was unsere Gesellschaft als derzeit als „klassisch weiblich“ und „klassisch männlich“ bezeichnet (korrekte Bezeichnung „cis weiblich“ und „cis männlich“). Unter den Begriff „drittes Geschlecht“ fallen also trans Personen, inter Personen, abinäre Personen und viele weitere Personengruppen. Letztendlich ist der Begriff also ziemlich uneindeutig und für fast jede Verwendung ungeeignet.
Um überhaupt präzise formulieren zu können, muss man erst definieren, was das „Geschlecht“ eines Menschen sein soll (nochmal: wir reden nicht von Geschlechtsorganen). Nichts eignet sich perfekt und objektiv, um für die Bestimmung des Geschlechts herangezogen zu werden, mit Abstand am besten ist die Geschlechtsidentität, d.h. das Geschlecht, das ein Mensch selber für sich wahrnimmt.

Es gibt nicht DEN Weg.

Trans Sein bedeutet nicht automatisch Hormone nehmen oder Operationen vornehmen lassen.

Bedeutsamkeit von Peer-Austausch:

  • Leute kennenlernen, die sich in der gleichen Situation befinden
  • Sich nicht allein fühlen, sondern mit anderen sprechen können
  • Austausch mit Menschen, die das Gleiche empfinden, ohne dass viele Worte gemacht werden müssen.
  • Menschen, die verstehen, was ich fühle bzw. wie ich mich fühle.
  • Wo und wie kann ich anfangen?
  • Informationen erhalten zu den Möglichkeiten, zu verschiedenen Art und Weisen des Vorgehens.

Wichtig ist die Klärung der eigenen Bedürfnisse und die Bereitschaft, alleinige Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen. Eigenverantwortung ist einer der zentralen Aspekte auf dem eigenen Weg zu dem passenden Leben, das ein Mensch führen möchte.

Bei jungen Personen unter 18 Jahren haben Eltern oder andere Sorgeberechtigte eine Teilverantwortung.

Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht. Informationen und insbesondere Peer-Austauch können dazu beitragen, informierte Einwilligungen zu treffen und zu langfritiger Lebenszufriedenheit führen.

Info: Eine cisgeschlechtliche Person wird sich niemals zu 100% in die Situation einer trans Person hineinversetzen können. Eine Annäherung ist allenfalls Eltern von Kindern, Kindern von trans Eltern und Partner_innen möglich, die das Leben mit den Betreffenden teilen. Alle Aussenstehenden vermögen sich allenfalls bedingt in die Situation hineizuversetzen.

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Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit

Leitlinien: Hierbei handelt es sich um eine Orientierung mit Empfehlungen, wie Erkrankungen festgestellt und behandelt werden sollten. Zielgruppen sind Ärzt_innen, Pflegekräfte sowie weitere Angehörige der Gesundheitsberufe. Sie sollen dazu beitragen, dass Patient_innen angemessen versorgt und behandelt werden. Dabei werden aktuelle Kenntnisse zusammengetragen undseine Schaden-Nutzen-Abwägung vorgenommen. Darauf basierend werden konkrete Empfehlungen zum Vorgehen abgeleitet. Sie informiert zudem darüber, wie gut eine Empfehlung wissenschaftlich belegt ist und muss daher regelmäßig erneuert werden.

Im Gegensatz zu Richtlinien sind Leitlinien rechtlich nicht verbindlich, was bedeutet, dass Ärzt_innen von der in der Leitlinie empfohlenen Behandlung abweichen können, wenn sie denken, dass sie für einen bestimmten Patienten nicht geeignet ist. Abweichungen sollten aber jeweils begründet sein.

AWMF-Leitlinien: Leitlinien sind systematisch entwickelte Aussagen, die den gegenwärtigen Erkenntnisstand wiedergeben, um die Entscheidungsfindung von Ärztinnen sowie Angehörigen von weiteren Gesundheitsberufen und Patientinnen/Bürger*innen für eine angemessene Versorgung bei spezifischen Gesundheitsproblemen zu unterstützen. Sie sollten auf einer systematischen Sichtung und Bewertung der Evidenz und einer Abwägung von Nutzen und Schaden alternativer Vorgehensweisen basieren.

Im Folgenden finden sich Deutsche Leitlinien zu Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit

S3-Leitlinie Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit: Diagnostik, Beratung, Behandlung (2019, AWMF-Leitlinien, pdf)

S3-Leitlinie Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter: Diagnostik und Behandlung (für Dez. 2023 erwartet, AWMF-Leitlinien, pdf)

S2k-Leitlinie Geschlechstsangleichende chirurgische Maßnahmen bei Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie (für Dez. 2023 erwartet, AWMF-Leitlinien, pdf)