Kommunen/Communes

Einführung zum Unterschied von Städten und Gemeinden

Die Besonderheit des Stadttitels liegt in der symbolischen Anerkennung und historischen Tradition, da der Stadttitel durch ein Gesetz verliehen wird. Allerdings unterscheidet sich der rechtliche Status einer Stadt nicht wesentlich von dem einer Gemeinde, da beide als autonome Verwaltungseinheiten organisiert sind.

Autonomie: Städte und Gemeinden sind autonome Gebietskörperschaften mit eigener Verwaltung und Vermögensverwaltung. Sie unterliegen der Aufsicht des Innenministeriums, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit den Interessen des Staates handeln.

Verwaltung: Die Verwaltung einer Stadt unterscheidet sich nicht grundlegend von der einer Gemeinde. Beide werden von einer_m Bürgermeister_in, einem Schöffenrat und einem Gemeinderat geleitet, die demokratisch gewählt werden.

Geschlechtervielfalt – Herausforderungen für Städte und Gemeinden

1.) trans, inter und abinäre Personen als Angehörige einer Stadt/Gemeinde

Die Bedürfnisse von trans, inter und abinären Menschen unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von denen cis geschlechtlicher Mitmenschen: Sie möchten – wie alle anderen – sicher, sichtbar und respektiert leben. Dafür braucht es auf allen Ebenen barrierefreie Anlaufstellen mit kompetenter Beratung, geschulte Fachkräfte in Verwaltung, Bildung und Gesundheitswesen sowie Schutz vor Diskriminierung und Gewalt im öffentlichen Raum.

Ein ganzheitlicher Schutz setzt an der Wurzel an: Wer Vielfalt ernst nimmt, stellt sich gegen jede Form von Misogynie und Sexismus – denn echte Sicherheit entsteht erst durch die Wertschätzung der Menschen aller Geschlechter.

Wichtig sind zudem inklusive Sprachregelungen sowie öffentlich zugängliche, geschlechtsneutrale und geschützte Toiletten und Umkleiden, die bereits in der Stadtplanung (bzw. bei Renovierungen) mitgedacht werden – inklusive rollstuhlgerechter Zugänge und Wickeltischen in allen Toilettenräumen, die auch Eltern mit Kleinkindern offenstehen.

Ergänzt durch vielfältige Kulturangebote, queere Räume und Pride-Veranstaltungen wird deutlich: Alle Menschen gehören dazu – und sind willkommen.

2.) trans, inter und abinäre Personen als Mitarbeitende einer Gemeinde

Als Mitarbeitende einer Stadt oder Gemeinde haben auch trans, inter und abinäre Personen das Recht auf ein Arbeitsumfeld, in dem sie sicher, respektiert und ohne Angst vor Diskriminierung tätig sein können. Das beginnt bei einer offenen, diskriminierungssensiblen Organisationskultur, die Vielfalt nicht nur duldet, sondern aktiv wertschätzt. Strukturelle Maßnahmen wie geschulte Führungskräfte, diskriminierungskritische Personalentwicklung und klare Ansprechpersonen bei Vorfällen (bei Belästigung, Diskriminierung, Gewalt) sind essenziell – ebenso wie der Zugang zu geschlechtsneutralen oder geschützten Sanitär- und Umkleideräumen.

Ein inklusiver Arbeitsplatz bedeutet auch sprachliche Sichtbarkeit, etwa durch eine respektvolle Anrede, die richtige Namensführung in internen Systemen (anwendbar bereits vor Änderung der Personalpapiere) sowie ein Verständnis für Übergangsprozesse (z.B. Coming-out, Transition) und individuelle Lebensrealitäten. Nicht zuletzt braucht es ein klares Bekenntnis gegen jede Form von Sexismus und Vielfaltsfeindlichkeit – denn nur wo alle Geschlechter anerkannt und geschätzt werden, kann ein wirklich wertschätzendes, diskriminierungsfreies Miteinander gelingen.

3.) Mitarbeitende mit einem trans, inter und/oder abinären Kind oder Partner_in

Auch Mitarbeitende, deren Kinder oder Partner_innen trans, inter oder abinär sind, brauchen ein unterstützendes und diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld. Denn die Realität ihrer Angehörigen ist oft auch Teil ihres Alltags – emotional, organisatorisch und sozial. Verständnisvolle Kolleg_innen, flexible Arbeitszeiten etwa für Begleitungen zu medizinischen oder psychosozialen Terminen sowie die Möglichkeit, sensibel über die eigene Familiensituation sprechen zu können, sind dafür wichtige Grundlagen.

Eine inklusive Personalpolitik erkennt an, dass Sorgearbeit vielfältig ist – und dass die Lebensrealitäten von Menschen, die in verschiedenen Familienformen leben, ebenso geschützt und wertgeschätzt werden müssen. Entscheidend ist dabei auch, dass das Arbeitsumfeld aktiv gegen Ausgrenzung und Othering auftritt und klare Signale sendet: Vielfalt ist Teil der Normalität – auch in familiären Kontexten. Nur so entsteht ein Klima, in dem alle Mitarbeitenden mit ihren jeweiligen Lebensbezügen anerkannt sind und sich sicher einbringen können.

Umgang mit

Namensschildern, Email-Adressen, Badges, Organigramm vor offizieller Änderung der Personenstandspapiere etc.

Einführung: In Gemeinden als Arbeitgebende ist es, wie bei anderen Stellen auch, essenziell, dass alle Mitarbeitenden mit Respekt und Anerkennung behandelt werden – auch und gerade im Hinblick auf ihre geschlechtliche Identität. Für trans, inter und abinäre Personen kann der Zeitraum zwischen dem Coming-out am Arbeitsplatz und der offiziellen Änderung der Personenstandsdaten (wie Name oder Geschlechtseintrag) eine besonders sensible Phase darstellen. Um in dieser Zeit eine würdevolle und unterstützende Arbeitsumgebung zu gewährleisten, ist es wichtig, bereits vor der amtlichen Änderung Anpassungen wie Namensschilder, E-Mail-Adressen, persönliche Badges oder das Organigramm entsprechend der geschlechtlichen Selbstwahrnehmung vorzunehmen. Diese Maßnahmen signalisieren Respekt, schaffen Sichtbarkeit und tragen aktiv zur Inklusion und zum Wohlbefinden der betreffenden Personen bei.

Verwenden eines als passend empfundenen Vornamens (einschl. entsprechender Anrede wie auch Verwenden des als passend empfundenen Personalpronomens)

Der als passend empfundene Vorname stellt für viele trans und abinäre wie auch einige inter Personen, wie für die meisten cis Personen auch, einen wesentlichen Teil der Anerkennung des eigenen Seins dar. Damit geht ebenfalls das Verwenden von Anrede und Pronomen einher. Der damit verbundene Respekt und die Anerkennung bewirken oftmals eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft und stellen somit einen Nutzen für Arbeitgebende wie auch Arbeitnehmende dar. Daher sollten sie die Möglichkeit haben, im Arbeitsumfeld den Vornamen zu verwenden, der ihrem Sein entspricht – unabhängig davon, ob dieser bereits offiziell geändert wurde. Die Verwendung des als passend empfundenen Namens zeigt Wertschätzung und unterstützt ein offenes, inklusives Miteinander. Sie ist ein einfacher, aber wirkungsvoller Schritt, um Diskriminierung zu vermeiden und die persönliche Würde zu achten.

Diese Möglichkeit sollte allen Mitarbeitenden offen stehen, also auch cis Personen, die aus welchen Gründen auch immer, mit einem anderen Namen angesprochen werden möchten. Rechtlich stellt dies kein Problem dar, da es nur wenige Dokumente gibt, die nicht vor einer offiziellen Änderung der Personalpapiere geändert werden dürfen (s.u. Strafrecht, Art. 199).

Art. 199 Code pénal

Selon l’article 199 du Code pénal, il est interdit de prendre un prénom et nom autres que le sien ou une fausse qualité dans un certain nombre de documents, tels que les documents d’identité, le permis de conduire, l’autorisation d’embauche, etc. A contrario, il n’est pas interdit d’utiliser un prénom choisi dans certains aspects de la vie quotidienne, professionnelle ou scolaire.

Umgang mit geschlechtssegregierten Räumen

Der respektvolle Umgang mit geschlechtssegregierten Räumen – wie Toiletten, Umkleiden oder Duschen – ist ein wichtiger Aspekt der Inklusion von trans, inter und abinären Personen. Alle Mitarbeitenden sollen die Räume nutzen dürfen, die ihrem geschlechtlichen Sein entsprechen. Dies trägt maßgeblich zum Sicherheitsgefühl und zur Würde der betreffenden Personen bei. Zudem fördert ein sensibler und offener Umgang mit diesem Thema ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld, in dem sich alle Mitarbeitenden willkommen und respektiert fühlen.

Antrag auf Auszug aus dem Geburtsregister / Demande dun extrait d’acte de naissance

Antrag auf einen Auszug auf dem nationalen Geburtenregister („Extrait d’acte de naissance“) / Demande d’un extrait d’acte de naissance national (« Extrait d’acte de naissance »)(pdf)

DE: Nationaler Auszug aus dem Geburtsregister („Extrait d’acte de naissance“) versus vollständige Kopie der Geburtsurkunde („Copie intégrale de l’acte de naissance“)

Der Auszug aus dem Geburtsregister („Extrait d’acte de naissance“) beinhaltet ausschließlich die aktuell gültigen Angaben der betreffenden Person und lässt frühere Eintragungen wie frühere Vornamen oder Geschlechtsangaben unberücksichtigt. Hierbei sind folgende Varianten zu unterscheiden: a) nationaler Auszugaus dem Geburtsregister, b) internationaler Auszug aus dem Geburtsregister.

  • Für nationale Nutzung z.B. für Schulen, Arbeitgebende, Universität ist der nationale Auszug bei der zuständigen Gemeinde zu beantragen.
  • Für internationale Zusammenhänge kann der internationale Auszug (teils kostenpflichtig) auf der Website der Gemeinde oder auf guichet.lu beantragt werden.

Im Gegensatz dazu bildet die vollständige Kopie der Geburtsurkunde („Copie intégrale de l’acte de naissance“) sämtliche Änderungen im Personenstand ab, einschließlich der ursprünglichen Angaben.

In vielen Fällen fordern betroffene Personen über die Plattform MyGuichet.lu ein entsprechendes Dokument an. Dort steht allerdings lediglich die Copie intégrale oder der internationale Auszug zur Verfügung. Letzterer ist gegenüber dem nationalen Auszug inhaltlich eingeschränkt und enthält oft nicht die erforderlichen Informationen, sodass Antragstellende stattdessen auf die Copie intégrale zurückgreifen.

Personen, bei denen Änderungen im Personenstand vorgenommen wurden, haben die Möglichkeit, sich direkt an das Standesamt der Gemeinde ihres Geburtsortes zu wenden. Ist dieses nicht zuständig, kann auch das Standesamt der Gemeinde des gewöhnlichen Wohnsitzes kontaktiert werden. Dort kann ein nationaler Auszug beantragt werden, der jedoch keine früheren Daten enthält.

Beispiel für eine Anfrage

Guten Tag,

ich bitte um die Zusendung des nationalen Auszuges aus dem Geburtsregister („Extrait d’acte de naissance“) mit den aktuellen Daten zu meiner Person. Hierbei handelt es sich ausdrücklich nicht um die („Copie intégrale de l’acte de naissance“) oder den internationalen Auszug aus dem Geburtsregister.

Mit freundlichen Grüßen

FR: L’« extrait d’acte de naissance » versus la « copie intégrale de l’acte de naissance »

L’« extrait d’acte de naissance » contient uniquement les données actuelles de la personne concernée et ne tient pas compte des données antérieures telles que les prénoms ou le sexe. A cet effet, il y a lieu de distinguer les variantes suivantes : a) l’extrait national de l’acte de naissance, b)l’extrait international d’acte de naissance.

  • Pour un emploi au niveau national, par ex. Pour les écoles, le travail, l’université, l’extrait national doit être demandé à la commune compétente.
  • Pour un emploi au niveau international, l’extrait international (parfois payant) peut être demandé sur le site web de la commune ou sur guichet.lu.

En revanche, la « copie intégrale de l’acte de naissance » reflète toutes les modifications de l’état civil, y compris les informations initiales.

Dans de nombreux cas, les personnes concernées demandent un tel document via la plateforme MyGuichet.lu. Toutefois, seule la copie intégrale ou l’extrait international y est disponible. Le contenu de ce dernier est plus limité que celui de l’extrait national et ne contient souvent pas les informations nécessaires, de sorte que les demandeurs recourent plutôt à la Copie intégrale.

Les personnes dont l’état civil a été modifié ont la possibilité de s’adresser directement au bureau d’état civil de la commune de leur lieu de naissance. Si celui-ci n’est pas compétent, il est également possible de contacter le service d’état civil de la commune du lieu de résidence habituelle. Il est possible d’y demander un extrait national, qui ne contient toutefois pas de données antérieures.

Exemple de demande

Bonjour,

J’ai l’honneur de demande l’envoi de l’extrait national d’acte de naissance comportant les données actuelles me concernant. Il ne s’agit pas de la copie intégrale de l’acte de naissance ni de l’extrait international de l’acte de naissance.

Cordialement,

Terminologie & Sprache

Neben Basiswissen zu Geschlechtervielfalt (als Norm) ist ein sensibler und respektvoller Sprachgebrauch ebenfalls zentral für die Anerkennung von trans, inter und abinären Personen im Arbeitsalltag. Dazu gehört, dass Selbstbezeichnungen geachtet und korrekt verwendet werden. Begriffe wie „trans“, „inter“ oder „abinär“ sollten in ihrer Vielfalt anerkannt und nicht pauschalisiert oder infrage gestellt werden. Auch Pronomen und Anredeformen sind Ausdruck der Identität und sollten entsprechend der individuellen Wünsche verwendet werden. Ein bewusster Umgang mit Sprache schafft Sichtbarkeit, stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und ist ein wichtiger Beitrag zu einem inklusiven Miteinander.

Die Nutzung von Sprachguidelines kann hilfreich sein, um geschlechtliche Vielfalt sichtbar zu machen.

Begriffe, Definitionen, Konzepte

Basiswissen zu Geschlechtervielfalt (als Norm), ein kritischer Umgang mit Begriffen, Definitionen und Konzepten zu Geschlecht und geschlechtlicher Vielfalt stellen wichtige Voraussetzungen dar, ein inklusives und diskriminierungsbefreites Umfeld zu schaffen. Zur Erleichterung des Zuganges zu dieser oftmals als komplex erlebten Vielfalt dient ein Glossar, in dem viele relevante Begriffe aufgeführt sind. Darüber hinaus gibt es Ausführungen zur Erklärung von Intergeschlechtlichkeit und anderen Variationen der Geschlechtsmerkmale wie auch binäre und abinäre Transgeschlechtlichkeit (inkl. cis Geschlechtlichkeit).

Stellenausschreibungen (f,m,x / FMD…)

Coming-out & Transition

Die Themen Transition und Coming-out sind zentrale Aspekte im Leben vieler trans und abinärer Menschen. Sie können wichtige Schritte auf dem Weg zu einem authentischen Selbst darstellen, sind aber auch eng mit gesellschaftlichen, psychologischen und rechtlichen Herausforderungen verknüpft. Allerdings führen nicht alle Menschen eine Transition oder ein Coming-out durch.

Coming-out

Transition

Umgang mit Unsicherheiten, Ängsten von Vorgesetzten, Kolleg_innen und Angestellten, aber auch Außenstehenden

Vorgehen bei Belästigung, Diskriminierung und Gewalt

Intro

Kontaktstellen

Nationale und internationale (trans, inter und abinär) spezifische Kontaktstellen wie auch allgemein bei Diskriminierung: Zentrum für Gleichbehandlung (CET)

Weiterbildung

Ermittlung konkreter Weiterbildungsbedarfe wie auch Überprüfen der Qualität von Weiterbildungsangeboten stellen Schlüsselelemente einer erfolgreichen Formationsplanung dar.

Ermittlung von Weiterbildungsbedarfen (Basiskenntnisse zu Geschlechtervielfalt, ihrer Entwicklung, Terminologie und Konzepten, basierend auf dem Selbstbestimmungsrecht von Individuen)

Weiterbildungsangebote

Empfehlenswert ist, die Qualität von Weiterbildungsangeboten sorgfältig zu prüfen, da nicht jede lautstarke Stimme auch über fundiertes, objektivierbares Wissen, nachweisbare Erfahrung und gelebte Praxis verfügt.

Frage der Sichtbarkeit: Auf welchen „Kanälen“ möchten Städte und Gemeinden sicht- und erreichbar sein?

Die Frage der Sichtbarkeit stellt sich auch für Städte und Gemeinden: Auf welchen Kanälen möchten sie präsent und für Bürger_innen ansprechbar sein – und zu welchen Bedingungen? Soziale Medien bieten zwar Reichweite und Nähe, fordern aber zugleich dauerhafte Präsenz, schnelle Reaktionen und den Umgang mit öffentlicher Kritik. Sichtbarkeit schafft Chancen für Dialog und Teilhabe, bringt jedoch auch Risiken wie Shitstorms oder Missverständnisse mit sich. Daher gilt es sorgfältig abzuwägen, welche Kommunikationsformen zu den eigenen Werten, Ressourcen und Zielgruppen passen.

Für & Wider der Präsenz in den sozialen Medien

Die Sichtbarkeit trans, inter und abinärer Themen in den sozialen Medien ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bieten Plattformen wichtige Räume für Aufklärung, Vernetzung und Empowerment. Sie ermöglichen es trans, inter und abinären Menschen, ihre Geschichten zu erzählen, Wissen zu teilen und gesellschaftliche Debatten mitzugestalten. Gerade in einem oft von Unwissen oder Vorurteilen geprägten Umfeld kann dies ein wirksames Mittel sein, um für mehr Verständnis und Akzeptanz zu sorgen.

Andererseits ist die öffentliche Sichtbarkeit auch mit Risiken verbunden. Wer sich zu trans, inter oder abinären Themen äußert, macht sich häufig angreifbar – sei es durch unsachliche Kommentare, gezielte Anfeindungen oder digitale Hetze. Der Druck, ständig präsent und „pädagogisch verfügbar“ zu sein, kann emotional belastend sein, insbesondere für marginalisierte Personen, die ohnehin schon vielfältigen gesellschaftlichen Spannungen ausgesetzt sind. Zudem besteht die Gefahr, dass komplexe Lebensumstände in den schnelllebigen Dynamiken sozialer Medien verkürzt, missverstanden oder instrumentalisiert werden.

Daher braucht es eine bewusste Auseinandersetzung mit der Frage, ob, wie und in welchem Rahmen Sichtbarkeit stattfinden soll. Für Organisationen und Einzelpersonen gilt es, die Chancen gezielt zu nutzen – ohne dabei die Grenzen und Bedürfnisse von trans, inter und abinären Personen zu übergehen. Sensible Kommunikation, klare Schutzmechanismen und ein respektvoller Umgang mit digitaler Reichweite sind zentrale Voraussetzungen für eine Sichtbarkeit, die stärkt statt überfordert.

Gemeinde als Alliierte von trans, inter und abinären Personen

Echte Verbündete von trans, inter und abinären (TIA) Personen zeichnen sich durch eine Haltung aus, die von Demut, Empathie und aktivem Mitdenken geprägt ist. Sie agieren nicht aus Eigennutz oder dem Wunsch nach Anerkennung, sondern aus einem aufrichtigen Interesse an Gerechtigkeit und Solidarität. Dabei ist Zurückhaltung essenziell: Es geht nicht darum, sich als „Retter_in“ in Szene zu setzen, Dankbarkeit zu erwarten oder anstelle von trans, inter und abinären Menschen zu sprechen, sondern darum, Räume zu öffnen, zuzuhören und Verantwortung zu übernehmen – ohne im Mittelpunkt stehen zu wollen.

Alliierte handeln informiert und eigeninitiativ, ohne die emotionale und bildende Arbeit auf trans, inter und abinäre Menschen abzuwälzen. Sie bringen Empathie und Wohlwollen als Grundhaltungen mit, erkennen die eigene Fehleranfälligkeit an und bleiben dennoch lernbereit. Fehler dürfen passieren – solange sie ernst genommen, reflektiert und nicht wiederholt werden. Gleichzeitig zeigen sie klare Haltung gegenüber diskriminierendem oder übergriffigem Verhalten: Hier braucht es keine Nachsicht, sondern entschlossenes Handeln zum Schutz der Betroffenen. Gute Allianzen bedeuten also nicht Perfektion, sondern Verlässlichkeit, Bereitschaft zur Selbstreflexion und den Mut, sich auch unbequemen Themen ehrlich zu stellen.

Positionierungen, durch die trans, inter und abinäre Personen unterstützt werden können

Eine wirksame Unterstützung von trans, inter und abinären (TIA) Personen beginnt mit der bewussten Auseinandersetzung mit der eigenen gesellschaftlichen Position. Wer sich seiner eigenen Privilegien, Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten klar wird, kann diese gezielt einsetzen, um Raum zu schaffen – ohne den Raum für TIA-Personen zu vereinnahmen. Es geht darum, Sichtbarkeit von und für trans, inter und abinäre Menschen zu ermöglichen und erhöhen, ihnen zuzuhören und sie selbst zu Wort kommen zu lassen, wo immer es möglich ist. Gleichzeitig braucht es auch die Bereitschaft, selbst Verantwortung zu übernehmen und die eigene Stimme dann einzusetzen, wenn Schutz, Klarheit oder Vermittlung benötigt werden.

Dabei ist es also zentral, mit statt über trans, inter und abinären Personen zu sprechen und sie durch die entsprechenden Mittel zu befähigen, ihre Situation aktiv zu beeinflussen und zu verbessern. Fachwissen und Expertise sollten nicht als Machtinstrument, sondern als Brücke genutzt werden – im Dialog und in Abstimmung mit den Betreffenden. Unterstützung basiert nicht auf Meinungen oder Annahmen, sondern auf Offenheit, Lernbereitschaft und echter Neugier. Fehler gehören zum Prozess, doch entscheidend ist, wie mit ihnen umgegangen wird: durch Reflexion, Anpassung und den Willen zur Weiterentwicklung.

Zudem ist wichtig anzuerkennen, dass es „die eine“ TIA-Erfahrung nicht gibt. Jede Person bringt ihre eigene Geschichte, Perspektive und Bedürfnisse mit – genauso wie cis Personen auch. Diese Vielfalt wahrzunehmen und ernst zu nehmen, ist nicht nur eine Frage des Respekts, sondern auch eine Chance für gemeinsames Lernen und solidarisches Handeln.

Safe space-Konzepte, LGBTIQ+ Freedom Zone + Misogynie- und Sexismus-freie Bereiche

Safe Space-Konzepte und LGBTIQ+ Freedom Zones können als Werkzeuge fungieren, um Schutz, Sichtbarkeit und Teilhabe für marginalisierte Gruppen zu ermöglichen. Doch so sinnvoll und notwendig diese Ansätze im Kleinen sind, dürfen sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie immer nur Zwischenlösungen sein können. Denn das Ziel darf nicht ein sicherer Ort innerhalb einer unsicheren Gesellschaft sein – sondern eine Gesellschaft, in der Sicherheit und Würde überall gelten. Ein Safe Space als exklusiver Rückzugsort hilft nicht als Modell für das, was überall selbstverständlich sein muss.

Gerade sogenannte LGBTIQ+ Freedom Zones laufen Gefahr, statt Inklusion letztlich Abgrenzung zu erzeugen: Sie markieren scheinbar „sichere Räume“ – und machen damit indirekt sichtbar, wo diese Sicherheit nicht besteht. So entsteht eine Karte mit Inseln der Toleranz in einem Meer aus struktureller Ausgrenzung. Echte Inklusion bedeutet jedoch nicht das Erschaffen von Sonderzonen, sondern den Abbau von Gewalt, Diskriminierung und Angst in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Trans, inter und abinäre Menschen gehören zu den Gruppen, die besonders stark von Sexismus und Misogynie betroffen sind – oft mehrfach, wenn weitere Diskriminierungsformen hinzukommen. Deshalb profitieren sie in besonderem Maße von misogynie- und sexismusfreien Räumen: von Orten, an denen sie nicht entmenschlicht, sexualisiert oder infrage gestellt werden, sondern einfach sein dürfen. Doch auch hier gilt: Ein sicherer Raum ist nur dann wirklich sicher, wenn er nicht exklusiv bleibt. Misogynie- und diskriminierungsfreie Räume sind keine Nische, sondern ein Menschenrecht – und müssen zur Norm werden, nicht zur Ausnahme.